"Gassi-Management"

Das A und O verantwortungsvoller Spaziergänge mit Hund

Marina Schnurrer, 04.04.2018

 

„Gassi-Management“ ist das Zauberwort der modernen Hundeerziehung. Ich verwende es in meinem Training beinahe inflationär. Ich bin mir sicher, dass es für unsere Hunde, unsere Begegnungen und unsere Nachbarn ein angenehmeres und respektvolleres Miteinander wäre, wenn wir Hundebesitzer uns alle an gewisse Managementregeln halten würden.
„Gassi-Management“ setzt sich aus zwei Begrifflichkeiten zusammen, die wir in der Alltagssprache ziemlich selbstverständlich verwenden: „Gassi gehen“ und „Management“. Was verbirgt sich aber jeweils dahinter und was bedeuten sie miteinander?
„Gassi gehen“ ist ein alter Begriff, der in Zusammenhang mit der zunehmenden Verstädterung im Zeitalter der Industrialisierung steht. Immer mehr Menschen in der Stadt hielten Hunde. Diese mussten ausgeführt werden. Die Hundehaufen vor den Türen wurden bereits damals nicht geduldet. So zog man es vor, die Hunde in „die Gasse zu führen“, wahrscheinlich auch deshalb, weil diese weniger Menschen nutzten und sie schlechter beleuchtet waren. (vgl. Hamburger Abendblatt vom 03.10.14). Beim „Gassi gehen“ heute geht es uns einerseits darum dem Hund eine Lösemöglichkeit zu bieten, andererseits aber ebenso darum, seinem Bedürfnis nach artgerechter Bewegung, Beschäftigung und Begegnung gerecht zu werden.
„Management“ bezieht sich in der ursprünglichen, angloamerikanischen Wortbedeutung auf eine betriebswirtschaftliche Führung eines Unternehmens nach ökonomischen Prinzipien (vgl. Gabler, Wirtschaftslexikon 2018). Heute sind die Definitionen weitreichender, denn der Begriff wird nicht mehr nur eindimensional im unternehmerischen Sinne verwendet, sondern erstreckt sich auch auf private Bereiche (Haushaltmanagement, Zeitmanagement, …). So versteht das Onpulson Wirtschaftslexikon (2018) Management als den „(…) Einsatz persönlicher Fähigkeiten zur Erkennung und Erreichung organisatorischer Ziele durch den Einsatz der angemessenen Ressourcen. Zum Management gehört auch, zu erkennen, was getan werden muss, Ressourcen zu organisieren und Mitarbeiter dabei zu unterstützen, die erforderlichen Aufgaben zu bewältigen.“ (siehe Onpulson/Stichwort Management). Letzteres kann zusammenfassend als Managementkompetenzen verstanden werden. Derjenige, der mit den Aufgaben des Managements betraut ist, heißt Manager.
Lasst uns beide Begrifflichkeiten mit meinen eigenen Worten zusammenfassen: Unter „Gassi-Management“ verstehe ich in meiner Funktion als Hundetrainer, ein verantwortungsbewusstes und handlungsorientiertes Ausführen meines Hundes. Das Ziel des Gassis, nämlich das Bedürfnis meines Hundes nach artgerechter Bewegung, Beschäftigung und Begegnung in einer komplexen Umwelt zu stillen, erreiche ich durch Informiertheit, Vorbereitung und Organisation sowie Kontrolle. Vereinfacht ausgedrückt heißt das:

 

1. Ich führe meinen Hund.
Beispiel: Ich habe meinem Hund gelernt an der Leine zu gehen. Er kennt unsere Laufordnung: Hinter uns, neben uns oder vor uns gehen und akzeptiert den Platz, den ich ihm momentan zuweise. So kann ich ihn problemlos in eine sichere Begegnungsposition bringen, die in der Regel vom Hindernis (Mensch, Kind, Jogger, Radfahrer, Hund, …) abgewandt ist. Ich kann ihm dadurch ohne weitere Einwirkung signalisieren, dass ich es als meine Aufgabe begreife, „Begegnungen“ zu managen.


2. Ich treffe Entscheidungen für mich und meinen Hund.
Beispiel: Die Entscheidungen beginnen bereits vor dem Gassi. Es geht um die Auswahl der „richtigen“, ausbruchsicheren Halsung und die Wahl der Leine. Es geht um die Auswahl der Gassistrecke, es geht um die Auswahl der Beschäftigung unterwegs, …
Während des Gassis entscheide ich, ob es zu einer interaktionalen Begegnung kommt oder ob ich meinem Gegenüber signalisiere, dass ich keinen Hundekontakt wünsche. Es geht eventuell auch um die Entscheidung sich aus einer Situation/aus einem Gefahrenbereich sicher zurückzuziehen. Es geht darum, meinem Hund einen Löseplatz zuzuweisen (ich persönlich finde es eine Unart Rüden an jede Hauswand markieren zu lassen), …


3. Ich halte mich an Regeln.
Zum Stichwort „Knigge für Hunde“ oder „Hunde-Knigge“ gibt es mittlerweile einige Veröffentlichungen im Netz, aber auch in Buchform.


4. Ich akzeptiere die Bedürfnisse meiner Mitmenschen und deren Hunde.
Beispiel: Aktion „Gelber Hund braucht Abstand“


5. Ich kenne meine Rechte und meine Pflichten (Informiertheit).
Beispiel: Leinenpflicht in Brut- und Setzzeiten, Regeln zum Führen des Hundes im Wald, Pflichten im Umgang mit den Hinterlassenschaften meines Hundes, …


6. Ich unterstütze meinen Hund darin, erforderliche Umweltaufgaben zu bewältigen.
Beispiel: Ich rufe meinen Hund zu mir, wenn sich uns ein Hindernis nähert und sich eine Begegnung anbahnt. Ich zeige ihm durch mein Verhalten, was ich jetzt in dieser Situation von ihm erwarte. Ich nehme ihm damit die Aufgabe ab sich selbst für ein Verhalten zu entscheiden.


Dies alles gelingt mir, weil ich „Gassi-Managementkompetenzen“ habe. Diese Kompetenzen wiederum habe ich natürlicherweise, interessierterweise oder ich habe sie erworben, z.B. beim Besuch einer Hundeschule oder einer Gassigeher-Schulung.

 

Quellen:

www.onpulson.de

www.wirtschaftslexikon.de

Hamburger Abendblatt v. 03.10.2014                                                                                                                                     zurück